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7. Oktober 2017 um 16:49 Uhr #5584MartinForenmitglied
Ich packe es mal hier hin. Wenn ihr auch lesenswerte Artikel findet, setzt sie doch hier rein.
Dann fange ich mal an.
Die Tage ist eine so interessante wie erschreckende neue Studie über die Folgen des Klimawandels erschienen. Untersucht wurde das sich verändernde Blütenangebot in den Rocky Mountains und welchen Einfluss das auf die Hummeln hat.
Ergebnis: Zwar gibt es durch die frühere Schneeschmelze jetzt länger etwas zu finden, das Blütenangebot selbst bleibt aber gleich und wird somit nur gestreckt. Pro Tag gibt es also weniger zu futtern. Schlecht für die Hummeln.
Ob es in den Alpen wohl ähnlich ist?
A stinging report: Research shows climate change a major threat to bumble bees
https://phys.org/news/2017-09-climate-major-threat-bumble-bees.htmlWeltweiter Klimawandel bedroht Hummeln massiv
https://www.pressetext.com/news/2017092901622. Oktober 2017 um 12:19 Uhr #5600MartinForenmitgliedBeitragserstellerDiese Woche wurde eine neue Studie von Dave Goulson über wilde Hummelnester veröffentlicht.
Ich denke mir, die Ergebnisse könnten hier einige interessieren. Studien dieser Art sind heutzutage leider extrem selten.
Worum geht’s? Die Wissenschaftler haben wilde Hummelnester beobachtet und den Nesteingang einiger davon mit Kameras überwacht. Diese Nester wurden von Freiwilligen gefunden und auch ein Spürhund kam zum Einsatz, den manche von euch vielleicht aus Goulsons Buch kennen. Die Beobachtung ging über zwei Jahre. Sie begann frühestens Anfang Juni und erstreckte sich bis zum Ende der Saison. Es waren daher vermutlich ausschließlich Nester, die bereits fortgeschritten waren.
Die Studie ist „Open Access“ also jeder kann sie kostenlos lesen.
The impacts of predators and parasites on wild bumblebee colonies
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/een.12482/fullFür alle, die zu faul dazu sind oder nicht so gut englisch können, hier ein paar Highlights:
An zehn Nestern wurden Kohlmeisen gefilmt, 32 mal versuchten sie eine Hummel zu erwischen, zehnmal waren sie dabei erfolgreich. Die Kohlmeisen scheinen bevorzugt Nester mit regem Flugverkehr anzugreifen (oder zu finden).
An acht Nestern wurden Wachsmotten beobachtet, insgesamt waren es 19, die in ein Nest eindringen konnten und übrigens auch anschließend beim verlassen gefilmt wurden.
Fast alle Nester bekamen Besuch von irgendwelchen Nagern. Auffällig häufig war das die Waldmaus (Apodemus sylvaticus), die in insgesamt 48 Nestern mehr als tausendmal in einem Nesteingang verschwand. Hier vermuten die Autoren, dass sich Maus und Hummel nur den Eingang zu einem Tunnelsystem teilten. In zwei Fällen führte der Besuch der Waldmaus allerdings zum plötzlichen Absterben des Nestes. Um den Grund festzustellen, wurde eines der betroffenen Nester ausgegraben. Die Waldmaus hatte den Tunnel zum Hummelnest verstopft!
Ein Steinhummel (Bombus lapidarius) Nest wurde sechs Tage von insgesamt 13 Erdhummel Arbeiterinnen heimgesucht. Keine der Erdhummeln hatte ein Pollenhöschen, also ein geteilter Nesteingang scheint hier unwahrscheinlich. Die Autoren vermuten, dass sich die Erdhummeln an den Nektarvorräten der Steinhummeln bedienten.
Nur eine einzige Kuckuckshummel wurde beobachtet, eine Bombus sylvestris beim Verlassen eines Bombus pratorum Nests.
Die Wissenschaftler wollten dann noch eine Aussage über den Erfolg der Nester machen. Wurde eine Jungkönigin beim Ausflug beobachtet, galt das Nest als erfolgreich. Im ersten Jahr (2011) schafften das 71% der Nester, im Jahr darauf nur 21%. Wenn man bedenkt, dass die meisten Nester wohl in den ersten Wochen (Monaten) scheitern und die beobachteten Nester diese Phase bereits überstanden hatten, dürfte die tatsächliche Erfolgsrate dort um ein vielfaches niedriger sein.
21. Januar 2018 um 14:02 Uhr #5886DetterForenmitgliedEine Online-Petition:
https://www.campact.de/Bienen-retten21. Januar 2018 um 14:52 Uhr #5887DorisForenmitglied- DE 39624
- 38 m ü. NHN
Hallo Detter, gute Sache. Nur bin ich den Meinung, dass, solange wir keine arbeitsfähige Regierung haben und der derzeitige Umweltminister anscheinend macht was er will, es schwierig werden wird, das Verbot in Deutschland, geschweige denn EU-weit durchzusetzten.
Meine persönliche Meinung:
Hoffentlich gelingt die GroKo und es wird wenigstens in Deutschland ein Verbot geben. Leider leben wir nicht unter einer Käseglocke und Geld regiert bekanntlich die Welt.
Trotzdem hilft jeder auch noch so kleine Schritt.
Hier bei uns in der ländlichen Region verpflichten sich freiwillig immer mehr Kommunen, bei der Bewirtschaftung ihrer Flächen keinerlei Gifte einzusetzen. Auch das ist prima.
LG21. Januar 2018 um 20:35 Uhr #5888MartinForenmitgliedBeitragserstellerAktuell läuft eine Umfrage der EU über die „Bestäuberkrise“ und jeder Bürger kann dort seine Meinung zur aktuellen und zukünftigen EU Politik in Sachen Bestäuber loswerden. Vielleicht wollt ihr euch ja beteiligen.
https://ec.europa.eu/eusurvey/runner/public_consultation_on_an_EU_initiative_for_pollinators
Rechts oben kann die Sprache geändert werden.
23. Januar 2018 um 17:35 Uhr #5896bumblebeeForenmitgliedHallo Martin, vielen Dank für die Zusammenfassung der Studie von Goulson! Gibt es eine Erklärung für den großen Unterschied zwischen ersten und zweiten Jahr (71% zu 21%)?
24. Januar 2018 um 20:39 Uhr #5898MartinForenmitgliedBeitragserstellerSie schreiben, dass sie sich diesen Unterschied mit den von ihnen gesammelten Daten auch nicht erklären können. Sie spekulieren auch nicht weiter, sondern erwähnen nur, dass in dem ersten Jahr allgemein höherer Flugverkehr beobachtet wurde und damit die Völker größtenteils stärker gewesen sein dürften.
Es gibt noch eine weitere Studie von Goulson zu dem Thema über einen längeren Beobachtungszeitraum (wobei zu den Nestern aber deutlich weniger Daten gesammelt wurden und diese v.a. von Bürgerwissenschaftler stammten). In sechs Jahren haben in dieser Studie immerhin 75% der entdeckten* Nester Königinnen hervorgebracht.
*Dies war im Durchschnitt Mitte Mai, also lange nach der Gründungsphase. Von über 900 Nestern wurden nur 24 entdeckt, als noch/nur die Königin unterwegs war, davon waren gut die Hälfte (54%) erfolgreich in der Produktion von Jungköniginnen. Die Wahrheit liegt wohl irgendwo zwischen diesen Prozentzahlen.
Die Unterschiede zwischen den Arten waren auch enorm, so brachten 96% der Baumhummeln Jungköniginnen hervor, aber bei den Gartenhummeln nur 41%, die niedrigste Erfolgsrate.
Causes of colony mortality in bumblebees
http://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/acv.12363/full (Nicht frei verfügbar.)24. Januar 2018 um 23:38 Uhr #5899bumblebeeForenmitgliedSehr interessant und vielen Dank für deine ausführliche Antwort!
29. Januar 2018 um 20:07 Uhr #5911MartinForenmitgliedBeitragserstellerFür einige hier vielleicht von Interesse. In Kanada wurden Nistkästen eingesetzt, um mehr über die Biologie der dortigen Hummelarten herauszufinden. Die Hälfte der Nistkästen wurde eingegraben, der Rest oberirdisch an Bäumen befestigt. Hummelnester befanden sich in 16 von 84 Nistkästen. Nistmaterial war reine Baumwolle. Mit Fotos.
31. Januar 2018 um 18:33 Uhr #5927DorisForenmitglied- DE 39624
- 38 m ü. NHN
Hinweis auf einen Beitrag von Cornel bzgl. einer engl. Studie, wonach die Jungköniginnen im Folgejahr nicht zu den Standorten, wo sie geschlüpft sind, zurückkehren:
aktion-hummelschutz.de/hummelkoeniginnen-bloss-weit-weg-von-mama/
https://research-information.bristol.ac.uk/files/35721553/Dreier_et_al_2014.pdf
Interessante Erkenntnisse.
Demzufolge dürfte es kaum die sog. Rückkehrerinnen geben.
– Bliebe wohl nur, geschlüpfte Jungköniginnen zu markieren (wie´s die Imker tun) und dann im Folgejahr eigene Erkenntnisse sammeln.
– Oder genetische Abstammungsgutachten?
– Oder die Kirche im Dorf lassen!LG von Doris
31. Januar 2018 um 18:47 Uhr #5928bombusForenmitgliedHallo Doris.
Somit müssten wir also erneut versuchen Königinnen aktiv anzusiedeln.
Ich hatte gehofft, dass vielleicht doch Rückkehrer kommen und das aktive Ansiedeln überflüssig machen.
Interessanter Artikel.
Lg Bodensee Mauersegler31. Januar 2018 um 20:56 Uhr #5929MartinForenmitgliedBeitragserstellerDie Studie kann „Rückkehrerinnen“ aber trotzdem nicht ausschließen, das geht allein schon deswegen nicht, weil nur ein Jahr lang beobachtet wurde. Sie kann also überhaupt keine Aussage darüber treffen, ob eine Jungkönigin in ihr Geburtsnest zurückgekehrt ist oder nicht, weil sie diese Information nicht haben. Sie wissen nicht, wo die Königin geboren ist, nur wo _ihre Töchter_ herumfliegen. Sie wissen von der Königin nur, dass sie sich nach dem Verlassen des Mutternests höchstwahrscheinlich „verteilen“ statt dort zu verweilen. Eine davon kann sich aber auch theoretisch an ihren Geburtsort „verteilt“ haben. Sei es durch Zufall oder Absicht.
Also etwas zurückhaltend formuliert: Die Studie ist ein weiteres Indiz dafür, dass unter allen Jungköniginnen wahrscheinlich nur wenige oder überhaupt keine am Niststandort bleiben.
Ich habe vor Jahren schon mal in einem anderen Forum skizziert, wie man diese Frage tatsächlich klären könnte. Dazu müssten Nistkastenhalter bereit sein, von ihren Nestern tote Tiere zu sammeln. (Je frischer desto besser.) Dann könnte man die Verwandschaftsverhältnisse zwischen den Jahren vergleichen.
Auch über Markierung von Jungköniginnen wurde schon nachgedacht. Es gab aber Bedenken, ob die Markierung die Diapause „übersteht“ oder für die Königin dabei irgendwie hinderlich sein könnte.
Und selbst wenn es keine Rückkehrerinnen gibt, muss niemand verzagen. Es ist glaube ich nicht umstritten, dass Niststandorte von Hummeln gerne wiederverwendet werden.
1. Februar 2018 um 18:44 Uhr #5931LucEs wird wohl eine natürliche Streuung geben, wo sich die Königinnen vom Vorjahr ansiedeln.
Dass aber einzelne suchende Queens im Frühjahr unter vielen knapp nebeneinander stehenden Beuten gezielt nur einen gewissen Kasten anfliegen, u. dort recht schnell die geschlossene Klappe öffnen können, spricht sehr wohl für Rückkehrerinnen.
Mehrfach erlebt.Luc
1. Februar 2018 um 20:42 Uhr #5932MartinForenmitgliedBeitragserstellerDass aber einzelne suchende Queens im Frühjahr unter vielen knapp nebeneinander stehenden Beuten gezielt nur einen gewissen Kasten anfliegen, u. dort recht schnell die geschlossene Klappe öffnen können, spricht sehr wohl für Rückkehrerinnen.
Mehrfach erlebt.Und nicht nur du. Das haben ja auch andere schon erzählt, allen voran von Hagen selbst glaube ich.
Es gibt aber zwei Haken.
1. Wie willst du sicher sein, dass du die Hummeln wirklich bei ihrem ersten Besuch beobachtet hast?
(Lückenlose Kameraüberwachung würde hier weiterhelfen.)2. Es gibt auch eine andere mögliche Erklärung dafür, dass Hummeln „geheime“ Eingänge finden oder eine Klappe überwinden können. Vermutlich arbeiten die Hummeln mit dem Geruchssinn bei der Nistplatzsuche. Wenn der Vorbau bzw. die Klappe noch aus dem Vorjahr intensiv nach Hummeln duftet, ist das für eine Königin möglicherweise ein Signal, dass sich hier ein erfolgreiches Hummelnest befand und es daher auch ein guter Platz für ihr eigenes Nest sein könnte. So schnell lässt sie sich dann vielleicht nicht mehr von der Stelle abbringen und könnte so durch Zufall die Klappe überwinden.
(Hier müsste man die Königin bei ihrem ersten Besuch beobachten. „Schnuppert“ sie z.B. intensiv herum? Schafft sie die Klappe auf Anhieb oder dauert es? Auch hier würde wieder die Kamera helfen.)Das ist der Grund, warum das zwar Indizien sind, aber als Beweis taugen solche Beobachtungen leider nicht…
Dazu müssste man halt wirklich diesjährige Individuen mit den Völkern aus dem Vorjahr auf Verwandschaft überprüfen.
Es ist wirklich schade, dass die Studie nur ein Jahr ging. Ihre vielleicht größte Schwäche ist, dass sie erst ab Mitte Juni begonnen haben. Sämtliche Völker die davor – vielleicht schon in der Gründungsphase – scheiterten, konnten so nicht berücksichtigt werden und wer weiß, ob sich darunter nicht ein paar Schwestern befanden. Könnte in einem anderen Jahr ganz anders abgelaufen sein. In jedem Fall wäre ein Vergleich der Verwandschaftsverhältnissen zwischen den Jahren auch zusätzlich noch aufschlussreich gewesen.
2. Februar 2018 um 12:13 Uhr #5934DetterForenmitgliedIch erkenne meine Hummeln am Gesicht. :zwinker: :emb:
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