Wildbiene des Jahres 2020
Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ hat für 2020 eine Biene gewählt, die sich durch eine für Mitteleuropa einzigartige Lebensweise auszeichnet. Während Wildbienen für ihre Larven üblicherweise einen Futterproviant aus Pollen und Nektar in ihr Nest eintragen, sammelt die Auen-Schenkelbiene (Macropis europaea) Pflanzenöle und vermengt sie mit Pollen zu einem „Ölkuchen“. Der Energiegehalt von Öl ist größer als beim zuckerhaltigen Nektar. Als ölspendende Pflanzen dienen den Schenkelbienen hierzulande Gilbweiderich-Arten (Lysimachia), die häufig an Bachufern und Grabenrändern vorkommen (Gewöhnlicher Gilbweiderich, Pfennigkraut). Der Punkt-Gilbweiderich ist in Gärten als Zierpflanze verbreitet. Auf der Suche nach dem Pflanzenöl kommt die Auen-Schenkelbiene somit auch in unsere Gärten. Ein noch häufigerer Gast ist hier die sehr ähnliche Schwesterart, die Wald-Schenkelbiene (Macropis fulvipes). Die Bienen brauchen allerdings als schnell verfügbaren „Treibstoff“ stets auch Nektar, den sie sich in unterschiedlichen Blüten holen – zumeist in der Nähe der Ölpflanzen. Die Schenkelbienen brauchen also ein vielfältiges Blütenangebot.In den Tropen kommen Öl sammelnde Wildbienen im Gegensatz zu unseren Breiten in mehreren Arten vor.
Um die Wildbiene des Jahres 2020 zu beobachten, lohnt es sich, ab Ende Juni an Beständen des Gilbweiderichs nach den Tieren Ausschau zu halten. Vor allem die Männchen mit auffällig gelben Gesichtern fliegen hektisch um die Blütenstände, um Weibchen zu begatten. Diese tragen an ihren Hinterbeinen eine krümelige Masse aus Pollen und Öl, die sie als Larvenvorrat in ihr Nest transportieren. Oft legen die Weibchen ihre Erdnester in der Nähe der Nahrungspflanzen an, die auf feuchten Böden wachsen. Dabei nutzen sie das Pflanzenöl zusätzlich zur Imprägnierung der Nestwände und schützen die Brut dadurch gegen Feuchtigkeit und die Gefahr der Schimmelbildung.
In den Nestern unserer beiden Macropis-Arten legt regelmäßig eine attraktiv gefärbte Wildbiene ihre Eier ab, die selbst keine Larvenvorräte sammelt, sondern sich quasi den „Bienenfleiß“ der Schenkelbienen zunutze macht. Diese Schmuckbiene (Epeoloides coecutiens) zeigt somit die Lebensweise eines Kuckucks, sie ist ein Brutschmarotzer. Immerhin leben rund ein Viertel unserer Wildbienenarten als Kuckucksbienen, oftmals mit sehr enger Bindung an bestimmte Wirtsbienen. Die Schmuckbiene schmarotzt ausschließlich bei der Auen- und der Wald-Schenkelbiene.
Beide Schenkelbienen-Arten sind trotz ihrer großen Abhängigkeit von den Ölpflanzen derzeit bei uns nicht gefährdet. Wir können sie durch das Angebot von Gilbweiderich in unseren Gärten unterstützen. Wichtig ist di e behutsame Pflege von Gräben und Bachufern, das heißt ein Mähen der Ufervegetation im Sommer ver-bietet sich, um nicht die Nahrungsgrundlage der Schenkelbienen sowie vieler anderer Blütenbesucher zu zerstören.
Hintergrund
Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ wählt seit 2013 jährlich eine besonders interessante Wildbienenart aus, um an ihrem Beispiel die spannende Welt dieser Tiere bekannter zu machen. Zugleich soll die Wildbiene des Jahres dazu ermuntern, „in die Natur“ zu gehen und das Tier in seinem Lebensraum aufzusuchen. Damit wirkt die Initiative auch im Sinne einer Wissenschaft für alle (citizen science) und bringt mehr Klarheit über das aktuelle Vorkommen der Wildbiene des Jahres.
Das Kuratorium „Wildbiene des Jahres“ ist beim Arbeitskreis Wildbienen-Kataster angesiedelt, einer Sektion des Entomologischen Vereins Stuttgart 1869 e.V
Wildbiene des Jahres
Die Flyer zu den Wildbienen der Jahre 2013 bis 2020 können unter der Homepage des Wildbienen-Katasters heruntergeladen werden.
Quelle der Pressemitteilung/Bildquelle
- Dieses Thema hat 0 Antworten sowie 1 Teilnehmer und wurde zuletzt vor vor 4 Jahren, 10 Monaten von Stefan aktualisiert.
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