„Aggressive“ Baumhummeln
Als ich heute von der Arbeit nach Hause kam eilte ich sofort zu meinen Hummeln. Hatte es doch heute Mittag bis zu 33 Grad. „Gefühlte 42 Grad“ sagte der Mann im Radio. Was für eine Affenhitze.
Scheinbar war bei meinen Hummelhäusern alles in Ordnung, vor den Eingängen wurden die Wächterinnen in meiner Abwesenheit wohl zu Ventilatoren umgeschult, ;-) aber es lagen keine Larven vor den Eingängen oder ähnlich besorgniserregendes.
Also rührte ich erst einmal eine Portion Zuckerwasser an, bei so viel Hitze braucht man ja Energie.
Ich fütterte meine drei „Sorgenkinder“ (die sehr späten beiden Baumhummeln und die besagte Steinhummel mit den am Anfang winzig kleinen Arbeiterinnen) im Nest per Legosteine.
Anschließend füllte ich mit dem Rest vom Zuckerwasser mein Futterhaus auf und erkundete wie jeden Tag meinen Garten (*1). Die letzten Wochen hatte es ja andauernd in Strömen geschüttet und nun strahlt die Sonne bei blauem Himmel mit den ersten Sommerblühern um die Wette.
Als ich wieder an den Hummelhäusern vorbei kam fiel mir auf, dass an einem Haus hinter den Belüftungsgittern etwas herumkrabbelte. Und zwar bei Haus Nummer 6. Es ist mein größtes Baumhummelvolk. Seit Wochen fliegen dort unzählige Königinnen und es herrscht wirklich viel Flugverkehr. Ich dachte erst an Fliegen.
Todesmutig – nur mit einer Badehose bekleidet beschloss ich da mal vorsichtig nach zu sehen. :-) Das erste mal in diesem Jahr, bisher gab es keinen Grund die Hummeln zu stören.
Ich entfernte den Stein, der zur Beschwerung des Daches dient. Dann den Styrodurdeckel (Wärmedämmung) und anschließend den mit Dachpappe überzogenen Deckel des Hummelhauses.
Sogleich kamen mir etwa 50 Hummeln entgegen. Vorsichtshalber ging ich ein paar Schritte zurück und begutachtete die Sachlage aus sicheren 2 Metern Entfernung.
Der im Hummelhaus platzierte Karton war geschlossen, aber trotzdem kommen mir so viele Hummeln entgegen? Wie konnte das sein?
Ich wartete etwa 5 Minuten, bis sich das ganze wieder beruhigt hatte. Die hochgeflogenen Hummeln kehrten durch die Hummelklappe wieder ins Haus zurück.
Wie kommen die Hummeln aus dem Karton?
Es gab nur eine Lösung es herauszufinden: Der Deckel vom Karton musste auch noch ab. Also ging ich langsam zum Hummelhaus, hob den inneren Kartondeckel auch noch ab, entfernte ihn und ging ein paar Schritte zurück (immer noch bekleidet mit nur der besagten Badehose). Am Kartondeckel „klebten“ etwa 50 Arbeiterinnen und fächelten Luft mit ihren Flügeln.
WOW! So etwas habe ich noch nie gesehen: Etwa geschätzte 300 Hummeln flogen auf, ganz aufgeregt um mich herum. Langsam ging ich noch ein paar Schritte rückwärts.
Was war passiert? Nach einiger Zeit der Beruhigung des Volkes konnte ich es erahnen. Wohl durch die Feuchtigkeit einer „Kotecke“ im Haus (es hat anscheinend zwei Kotecken) weichte die dicke Wellpappe durch und im Karton entstand ein Ausgang. Der Karton steht wegen dem Raumklima etwa zwei Zentimeter hoch auf Füßchen. Dort unter dem Karton wurde anscheinend weiter gebaut.
Der Karton selbst ist vollkommen zugebaut bis etwa 7-8 cm unter den Deckel. Somit ist der Baumhummel-Bau wohl rund 25cm breit, 20 cm lang und 20cm hoch. Voll ausgebaut. Dazu kommt noch der „Wildbau“ unter dem Karton.
Geschätzte 60 Königinnen krabbelten an den inneren Seitenwänden des Kartons, auf dem Nest viele, wirklich viele Hummeln. Aber mir zu gefährlich das alles zu fotografieren, viel zu Aufgeregt war das Volk. So nah konnte ich nicht ran. Mit der Zeit verschwanden alle Hummeln im Untergrund des Nestes (*2). Man sah nichts als ein Hummel-Kneul. Kapok, Streu, alles bedeckt.
Es dauerte ungefähr 5 Minuten, dann waren auch die meisten auffliegenden Hummeln wieder durch die Klappe im Haus verschwunden. Da konnte ich in aller Ruhe ein paar Fotos machen und den Deckel so wie das ganze Haus wieder komplett verschließen. Und eine Minute später war alles so, als hätte ich das Haus nie geöffnet.
Die Hummeln haben reagiert und nun stehen vier anstatt wie üblich zwei Wächterinnen an der Klappe. ;-)
Was lerne ich daraus? Auch Baumhummeln sind „friedlich“, wenn man sich ruhig verhält. Natürlich wurde ich gezielt angeflogen, aber da geht man einfach einen Schritt rückwärts – langsam. Nicht schlagen oder hecktisch umherfuchteln! Wenn man alles ruhig und langsam und vorsichtig und mit etwas Respekt macht, dann sind auch Baumhummeln nicht so schlimm wie ihr Ruf.
Natürlich öffne ich lieber ein Ackerhummelnest, da passiert ja quasi überhaupt nichts. ;-)
(*1): Ich habe keinen Rasen, ich habe eine Wiese. Regelmäßig gemäht wird nur ein Teil davon. Dort blüht es aber nicht überall so schön. Hier hatte ich im Frühjahr ein altes Beet entfernt und zufällig im örtlichen Supermarkt beim wöchentlichen Einkauf eine Wiesenblumenmischung in der Dose entdeckt. Hab ich einfach ausprobiert. Fazit: Sieht schön aus und wird von allerlei Insekten gut angenommen, auch von Hummeln. Besonders Grashüpfer sieht man dort viel herum „hi-hüpfen“.
(*2): Oben Links erahnt man den Ausgang aus dem Karton, rechts vom Holzklotz. Die linke Seite scheint allgemein als Toilette zu fungieren. Oben etwas mehr als unten.
Oben rechts sind übrigens zwei tote Kuckuckshummeln zu sehen: Kuckuckshummel Bombus barbutellus („Bärtige Kuckuckshummel“). Da hat mein Volk wohl Glück gehabt. Vielen Dank an Bago für den Hinweis im Hummelforum.
2 Replies to “„Aggressive“ Baumhummeln”
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Hallo Stefan,
habe Dein Tagebuch gelesen, besonders gefällt mir der Mut den Du aufgebracht hast bei den Baumhummeln nur in Badehose ranzugehen. Da hattest Du sicherlich viel Glück dabei gehabt!
Mich hat eine Arbeiterin gestochen und da war ich 3 Meter entfernt von der Hummelpension, na ja bei Frauen weis man nie was denen so in den Sinn kommt!
Ich wünsche Dir weiterhin viele spannende Erlebnisse mit Deinen Hummeln.
Es grüsst Dich Jürgen aus Dresden
http://www.hummelfreund.com
Hallo Jürgen!
Ach das freut mich jetzt aber dass ausgerechnet Du mir so nett antwortest. Jaja, diese Frauen… ;-)
Grüße aus Bayern!