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Hummel an BlüteHummeln gehören zu unseren größten, schönsten und nützlichsten Insekten. Mit Schmetterlingen und Marienkäfer sind sie die beliebtesten Gäste im Garten und auf dem Balkon. Allein in Deutschland sind 32 Arten der „echten” (nestbauenden, sozialen – im Gegensatz zu den sozialparasitischen) Hummeln nachgewiesen. Ein großer Teil unserer Hummelarten ist im Bestand gefährdet, verschiedene Arten sind bereits aus weiten Gebieten verschwunden.

Nach neuerer Auffassung werden die Hummeln in einer einzigen Gattung „Bombus” zusammengefasst. Sie umfasst demnach sowohl die „echten” nestbauenden Arten als auch die sozialparasitischen Kuckuckshummeln, welche bisher unter dem Gattungsnamen „Psithyrus” geführt wurden. Wir werden uns hier in der Folge nur mit den „echten” Hummeln beschäftigen.

Die Arten unterscheiden sich nicht nur durch ihre verschiedenartige Färbung und andersartige morphologische Kennzeichen, sondern auch durch eine Vielzahl weiterer Eigenheiten. Nur einige seien hier genannt.

So können z.B. die Ansprüche an die Umwelt ganz verschieden sein. Neben wenigen Arten mit größerer ökologischer Valenz   gibt es solche, die im Allgemeinen nur das offene (baumarme) Feld- und Wiesengelände bis allenfalls hin zum parkähnlichen Gelände bewohnen, andere, welche bevorzugt in Wäldern bis hin zum parkähnlichen Gelände vorkommen und wieder andere, welche die Waldrandgebiete bis hin zum offenen Gelände der Feldmark besiedeln.

Hinsichtlich der Ansprüche an den Nistplatz finden wir Arten, die im Allgemeinen nur unterirdisch nisten und solche, die ihre Nester lieber oberhalb der Erdoberfläche anlegen. Einige entwickeln volkreiche Staaten (bis ca. 300 – 600 Individuel), andere nicht (nur ca. 50 – 100 Individuen).

Von Bedeutung ist auch, dass es Arten gibt, deren Königinnen relativ früh im Frühjahr erscheinen (etwa zu Beginn der Salweidenblüte), bei anderen kommen sie dagegen erst später (etwa zu Beginn der Taubnesselblüte) hervor. Und schließlich zeigen sich sogar Unterschiede in der Art und Weise des Blütenbesuchs zwischen kurzrüsseligen und langrüsseligen Hummelarten, woraus sich wiederum ein ganz unterschiedlicher Bestäubungswert einzelner Arten ergeben kann.

Gemeinsames Merkmal aller nestbauenden Hummelarten bei uns ist aber, dass jeder Hummelstaat im Frühjahr von einer einzelnen überwinterten, im Vorjahr geborenen und begatteten Königin gegründet wird. Zuvor muss die Königin erst nach einer Nistgelegenheit suchen. Sie fliegt dann in der Nähe von Trachtpflanzen (z.B. Weidenbäumen, Obstbäumen, Taubnesseln) auf nicht zu tief gelegenen Wiesen und Weiden, an Böschungen, Steilabhängen, Gemäuern, Gräben, Straßen- und Wegrändern dicht über der Oberfläche umher, um in immer wieder andere Löcher und Ritzen oder auch Grasbüschel hineinzukrabbeln, bis sie endlich das Gesuchte gefunden hat:
An geschützter Stelle feines warmhaltendes Nestmaterial (fast immer das feinzerbissene Heu verlassener Mäusenester), in dessen Mitte sie ihre Waben errichtet und ihre Brut aufzieht. Solche nestsuchenden Königinnen lassen sich im Allgemeinen auch gut zur Annahme von Hummelnistkästen bewegen, deren wichtigster Inhalt natürlich auch feines Nestmaterial (und biologische Kleintiereinstreu) sein muss.

Bis zum Ausfliegen der ersten Arbeiterinnen (nach ungefähr 20 Tagen) sammelt die Königin Nektar und Blütenstaub selbst ein. Danach bleibt sie nur noch im Nest und legt in zunehmendem Maße Eier, beteiligt sich aber auch an sonstigen Arbeiten.

AckerhummelnestDie Kolonie wird im Laufe des Sommers volkreicher, schließlich, auf dem Höhepunkt der Volksentwicklung, werden nur noch Geschlechtstiere, Königinnen und Drohnen, aufgezogen. Da die ausgereiften Geschlechtstiere das Nest allmählich verlassen und die Arbeiterinnen nach und nach absterben, geht der kleine Staat mit der alten Königin im Spätsommer/Herbst ein.

Bemerkenswert ist, dass sich die Jungköniginnen – im Gegensatz zu den Drohnen – den Standort des Mutternestes durch Orientierungsflüge einprägen und nach ihren Hochzeitsausflügen zunächst regelmäßig wieder ins Mutternest zurückkehren, um dort weiterhin Schutz und Nahrung zu finden. Sie bekämpfen sich im Jahre ihrer Geburt nicht.

Nach erfolgter Begattung und dem Verzehr großer Futtermengen aus den Nestvorräten (insbesondere Pollen zur Anlage eines Fett-Eiweiß-Körperchens) fliegen die Jungköniginnen endgültig mit gefüllter Honigblase vom Nest ab, um außerhalb an geschützter Stelle zu überwintern (meist 12 – 15 cm tief in der Erde). Im nächsten Frühjahr versucht jede gesund überwinterte Königin wieder eine neue Kolonie zu gründen.

Von Bedeutung für die Erhaltung und Vermehrung seltener oder für Bestäubungszwecke besonders wertvoller Arten ist, dass ein Teil der überwinterten Jungköniginnen wieder die nähere und weitere Umgebung des alten Mutternestes bezieht, sofern sie den Umweltansprüchen der betreffenden Art genügt und dort Nistplätze sowie genügend Trachtpflanzen vorhanden sind. Sehr bedeutsam ist ferner, dass bei künstlicher Haltung mit freiem Flug ein Teil der überwinterten Jungköniginnen auch die neu hergerichteten Nistkästen am alten Nistplatz wieder bezieht. Oft erscheinen so viele Rückkehrerinnen, dass es zu Stechereien kommen kann.

In der Natur gelingt es nur sehr wenigen Hummelköniginnen, ihre neu gegründeten Kolonien bis zur Aufzucht neuer Geschlechtstiere durchzubringen. Durch Witterungseinflüsse, Ausmähen, Pflanzenschutzmittel, Verschütten, Industrialisierung, Betonierung, Versiegelung und Uniformierung der Landschaft, Straßen- und Autobahnverkehr, Zertreten, Verlust der Nestmutter während des Trachtfluges, Verhungern infolge des jetzigen sommerlichen Blütenmangels in der Feldflur sowie durch Parasiten, wie die Raupen der Hummelwachsmotte (Aphomia sociella) oder andere Feinde, wie Fuchs, Dachs, und Waschbär, wird ein großer Teil der Kolonien vernichtet.

Abschließend soll nochmals auf den starken Rückgang der Hummelpopulation hingewiesen werden. Jede Hummelhaltung sollte daher nicht nur auf den Nutzen oder das Vergnügen des Halters ausgerichtet sein, sondern auch auf den Schutz, die Erhaltung und möglichst auch die Vermehrung der örtlichen Hummelvorkommen. Wer den Hummeln helfen will, sollte daher nicht allein an die Bereitstellung von schützenden Nistkästen denken, sondern auch nach Möglichkeit geeignete Blütenpflanzen für die Hummeln heranziehen. Gut geeignet für alle Hummelarten sind: Kätzchenweide (z.B. Salix caprea m.), Zierjohannisbeere (z.B. Ribes sanguineum atrorubens) Stachelbeere und schwarze Johannisbeere, Rote, Gefleckte und Weiße Taubnessel (Lamium purpureum, L. maculatum und L. album), Kirsche, Himbeere, Beinwell, Weiß- und Rotklee und Wicken (neben den Kleearten hat sich die Winterwicke (vicia villosa) gut bewährt).

Wer die Möglichkeit hat, sollte sich etwas Land pachten und dort Blütenpflanzen für die Hummeln anbauen, um damit einen weiteren, besonders wirksamen Beitrag zur Erhaltung der verschiedenen Hummelarten, dieser liebenswerten und nützlichen Insekten, zu leisten.

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  • Dieses Thema hat 184 Antworten sowie 22 Teilnehmer und wurde zuletzt vor vor 2 Monaten von ChristianChristian aktualisiert.
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  • Autor
    Beiträge
  • #86558
    HP 22927
    Forenmitglied
      • DE 22927
      • 50 m

      Moin Manfred, du kennst dich aus. Ist meine Vermutung richtig, daß die Spermienpakete gebunkert werden?

      Bei meinen Lebendgebärenden (Platies) werden auch Spermien auf Halde gelegt. Sollte es nach dem Wurf keine Neubefruchtung geben, wird auf die Reserve zurückgegriffen.

      Gruß

      HP

      #86583
      Christian
      Forenmitglied
        • A-4800, 4851
        • 420, 510 m

        Servus HP, weil ich hier (der einzige?) Imker bin und schon 43 Jahre hindurch durchgehend ein paar Bienenvölker (dzt. 2) halte, auch von mir eine Antwort. Ja, Bienenköniginnen werden oft zu Belegstellen gefahren, wo sich im Umkreis von mind. 10 km keine Imker Bienen betreuen. Es gibt dort Drohnen aus ausgewählten Völkern, welche (mehrere) die jungen Königinnen begatten. Diese Königinnen können dann bis zu 6 Jahren die Spermien nutzen für befruchtete Eier. Wie bei den Hummeln werden aus unbefruchteten Eiern Drohnen. Eine Bienenkönigin legt während der Aufwärtsphase des Volks bis zu 2.000 Eier täglich, mehr als ihr eigenes Gewicht. Ja, das ist “irre interessant”! Grüße aus Oö. Christian

        #86585
        HP 22927
        Forenmitglied
          • DE 22927
          • 50 m

          Moin Christian, danke für deine Ausführungen. D.h. also, daß auch die Hummelkönigin Spermienpakete speichert und erst bei Bedarf darauf zurückgreift. 2000 Eier pro Tag ist unglaublich, aber wohl in der Praxis eher selten. Dann käme es zum häufigen Schwärmen, was sicherlich der Imker nicht möchte. Gedanken eines Laien…

          Viele Grüße aus dem Norden

          HP

          #86602
          Christian
          Forenmitglied
            • A-4800, 4851
            • 420, 510 m

            Servus HP, ja sicher “speichern” Hummelköniginnen Spermien, weil die Begattung im Geburtsjahr stattfindet und Nestgründung im nächsten. Und ja – ein Bienenvolk entwickelt sich “explosionsartig” mit mehr als 50.000 Individuen, ohne dass sie schwärmen. Als ich begonnen habe zu imkern, waren die Bienenvölker nicht so stark, haben öfter geschwärmt, weniger Honig “produziert” und waren auch agressiver, dafür aber widerstandsfähiger und robuster – ist zumindest meine Meinung. Beste Grüße aus dem Süden! Christian (HC)

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