Antwort auf: Hallo zusammen
Hallo Stefan vom Rhein,
ja, osmia vermutet richtig.
Gerade Kohl- und Blaumeisen haben gelernt, dass Hummelköniginnen sich im Frühjahr an Weiden einfinden, auf die Wildbienen zu der Zeit angewiesen sind.
Weiden werden heutzutage kaum noch angepflanzt. Früher gehörten sie zur sogenannten Vortracht für Streuobstwiesen. Sie boten den früh aus der Winterruhe kommenden Wildbienen Nahrung, wenn die Blüten der Obstbäume witterungsbedingt noch auf sich warten ließen. Außerdem gehörte zu jeder Streuobstwiese auch Nachtracht, damit die Wildbienen ihren Reproduktionszyklus abschließen konnten, auch wenn die Obstblüte im phänologischen Kalender zu früh endete.
Heutzutage drücken Baumärkte und Discounter die billigen Meisennistkästen als zusätzliches Problem in den Markt, weil sie billiger sind als alle anderen Nistkästen. Somit hat man in den letzten Jahren im urbanen Raum viele Meisen gezüchtet und die finden in Frühjahr alle einen Nistkasten, wo sie Eier legen wollen (benötigen tierisches Protein).
Hummeln mit Nachkommen müssen häufiger zu den Weiden als kranke Hummeln. Somit leben genau die, die für die Zukunft der Hummeln zu einer der wenigen Weiden fliegen, statistisch gefährlicher gefressen zu werden. Selbst wenn sie dem Schnabel entwischen können, können sie noch schwer verletzt zu Boden fallen und dort als „Fußgänger“ verenden.
Wenn es mehr Weiden gäbe, würden sich weniger Königinnen an einer einzigen Weide treffen müssen und wenn es weniger Nistkästen gäbe wären dann auch nicht so viele Meisen an den Weiden, um schnell einen Snack zu ergattern.
Besonders schlecht für Hummeln werden wohl die Tage sein, an denen wetterbedingt keine Honigbienen unterwegs sind. Kann ich mir jedenfalls vorstellen.
In den letzten Jahren haben hier die Meisen die Sperlinge verdrängt. Es wird im Winter so viel gefüttert, dass Meisen hier gar nicht mehr die Sonnenblumenkerne aus den trockenen Blüten heraus picken. Es überleben quasi alle. Im Frühjahr brauchen sie dann das tierische Protein, das nicht durch Körnerfutter ersetzt werden kann.
Mehr Meisen, weniger Weiden und noch weniger Hummeln (wodurch auch immer) bedeutet, dass entweder die Anzahl Weiden erhöht oder die Anzahl Meisen verringert werden sollte, damit mehr Hummelköniginnen schadlos durch das Frühjahr kommen.
Nur etwa drei bis vier von zehn Jungköniginnen des Vorjahres kommen aus der Diapause und versuchen ein Nest zu gründen oder ein Nest durch Stechereien mit Todesfolge zu übernehmen. Nur eine Königin von zehn Jungköniginnen bekommt ein erfolgreiches Nest hin. Wenn in der Statistik jede weibliche Meise pro Woche eine Hummelkönigin verspeist , die ein Nest gegründet hat, kann man schnell ausrechnen, dass die Anzahl der Jungköniginnen pro Quadratkilometer im Sommer niedriger sein wird, als wenn es durch weniger Meisennistkästen weniger Meisen gäbe.
Meisen kann man leider das Thema Rendite nicht nahe bringen. Wenn sie verstehen würden, dass sie im Sommer 20 Hummeln ohne großartigen Einfluss auf die Reproduktion fressen könnten, wenn sie im Frühjahr zwei Königinnen nicht fressen. ;-)
Ich war bei jemandem, der einige Hummelvölker hatte. Er hatte auch 12 Vogelnistkästen. Aber alle von der Größe und vom Flugloch für Sperlinge optimiert und dicht beieinander gruppiert (Sperlinge mögen Reihenhauswohnungen). Er fütterte ganzjährig weiches Fettfutter. Anscheinend hielten die Sperlinge die Meisen auf Abstand. Keine Ahnung, ob das so stimmt. Jedenfalls fütterte er Zuckerwasser im Nistraum der Hummelnistkästen. So brauchten die Königinnen nur zum sammeln von Pollen auszufliegen.
Das ist der kurz umrissene Hintergrund.
Viel Glück in der diesjährigen Saison.
VG Bulli